Aber selbst, wenn es nicht so weit kommt, kann eine bedeutende intellektuelle Kapazität ihrem Träger Steine in den Weg legen. Er gibt sich nicht so leicht mit einem bescheidenen Los zufrieden, die Fähigkeiten suchen ständig nach Objekten außerhalb derer, die man ihm im Beruf zur Verfügung stellt. Dass der Beruf all seine Kraft in Beschlag nimmt, ist nicht immer genug; er kann trotzdem unzufrieden werden. Was einst ein vollwertiges Objekt war, ergraut und wird gleichgültig im größeren Zusammenhang. Die „Selbstverständlichkeit“ in Leben und Handeln verliert sich, zunächst im Kleinen, dann in stetig größer werdenden Ringen und wenn sich erstmal Löcher in der alten Lebenssicherheit bilden, wird es für die meisten schwierig, diese zu stopfen oder eine neue Lebenssicherheit zu erlangen. Es ist eine Art Fluch, alle Eindrücke infrage zu stellen, eine Empfindung oder Auffassung nie mit der gleichen, fröhlichen Sicherheit aufnehmen zu können, mit der man in der Kindheit ein Geschenk von Mutter und Vater entgegengenommen hat. Für den wachen, kritisch-analytisch Bewussten liegt das Leben im Feindesland; Niederlage und Verirrung lauern im Lockenden, im Schönen und scheinbar Unschuldigen; überall ahnt er Mimikry.
Die Steine feinden
Fenster grinst Verrat*
Der intellektuell Eingeschränkte ist in dieser Hinsicht besser gestellt, sofern er nicht schädlich unterausgestattet ist.
Peter Wessel Zapffe, Über das Tragische (1941)
* August Stramm: „Patrouille“. Deutsch im Original.