„Aber jener Gott im Buch Hiob, geht er uns etwas an? Ist das Ganze etwas anderes als ein dichterisches Spiel mit einer fremdartigen und veralteten Gottesvorstellung? Kennen wir diesen Gott? Sicher, wir kennen ihn aus der Religionsgeschichte, es ist der Gott des Alten Testamentes, der Gott der Heerscharen oder, wie wir sagen würden, der Armeen, der eifersüchtige Jahwe. Aber lebt er nur in der Religionsgeschichte? Nein, er thront auch in unserer Erfahrung, heute wie vor 2400 Jahren. Er repräsentiert eine wohlbekannte biologische und soziale Umgebung: die blinden Naturkräfte, die keinen Berührungspunkt mit dem menschlichen Trieb nach Ordnung und Sinn haben, die unberechenbaren Einschläge durch Tod und Krankheit, die Flüchtigkeit des Ruhms, der Verrat durch Angehörige und Freunde. Es ist der Gott der Maschinen und der Macht, der Gewaltherrschaft, der Parteisklaverei und der Eroberung, der Kupferrohre und Panzerplatten. Nicht nur Hiob ist ihm mit den Waffen des Geistes entgegengetreten. Einige werden in heroischem Martyrium niedergetrampelt; andere sehen auch die Grenzen des Martyriums, sie beugen sich äußerlich und hegen doch die Verzweiflung in ihrem Herzen.“
Peter Wessel Zapffe, Über das Tragische (1941)